Glück statt Geld – was wir von Bhutan lernen können

Was hälst Du von Brutto National Glück statt Brutto Inlands Produkt (BIP) als Masseinheit für eine Nation. Undenkbar?

Ich war im Urlaub in Bhutan, einem kleinen Königreich im Himalaya. Zurückgekommen bin ich mit vielen tollen Eindrücken, neuen Erkenntnissen und interessanten Ideen. Einige davon möchte ich heute mit Euch teilen und dadurch vielleicht ein bisschen zum Nachdenken anregen!

Da ist zunächst die Idee vom Brutto National Glück, welches Bhutan als Leitlinie für staatliches Handeln festgelegt hat. Jeder Politiker und Staatsbedienstete ist also angehalten Entscheidungen so zu treffen und umzusetzen, dass sie die Bürger glücklicher machen.

Das heißt natürlich nicht, dass die Polizei keine Strafzettel ausstellt oder Ladendiebe nicht verhaftet. Es wird aber bei Investitionen berücksichtigt, was das Leben der Leute angenehmer und sorgenfreier macht. Neben kostenfreier medizinischer Versorgung für alle Bürger, ist so auch der Tierarzt selbstverständlich kostenfrei und in kleinen Dörfern verfügbar, was für Bauern sehr wichtig ist, da deren Kapital und einziges Einkommen in der Regel ihre Tiere sind.

Durch regelmäßige landesweite und representative Umfragen wird überprüft was Maßnahmen gebracht haben und in welchen Lebensbereichen es den dringensten Verbesserungsbedarf gibt. Und dann wird entsprechend gehandelt.

Einen representativen Glücks-Index finde ich eine gute Alternative zur Beeinflussung der Politik durch Lobbygruppen *Smiley lächeln*

Und vielleicht sollten wir uns auch im Alltag häufiger mal an Bhutan ein Vorbild nehmen…

Gesunder Mittelweg

Während des Besuchs eines Dzongs (einer Mischung aus Festung, Kloster und Verwaltungsgebäude) gab es eine interessante Lektion, deren Idee sich sehr schön auf die aktuell immer mal wieder geführte Diskussion um die „richtige“ Sparquote übertragen lässt.

Nach einer Erzählung hat Buddha vor langer Zeit ein Gleichnis über extreme Positionen aufgestellt, damals bezogen auf religiöse Überzeugungen. Schön lässt sich dieses am Beispiel einer Gitarrensaite erklären: Ist die Saite zu lasch gespannt, klingt das Instrument nicht gut. Spannt man diese zu fest, dann reißt sie. Nur bei mittlerer Spannung kann man damit schöne Töne erzeugen.

Extreme sind also nicht nachhaltig, am besten ist ein gesunder Mittelweg!

Für mich gibt es ohnehin nicht die Sparquote, sondern das ist etwas sehr individuelles, das sich auch nicht so einfach mit anderen vergleichen lässt. Und dann finde ich es richtig, hier der Weisheit Buddhas zu folgen und einen gesunden Mittelweg zu wählen:

Weder will ich heute auf alles verzichten, asketisch leben und nur auf eine gute Zukunft hoffen. Wer weiß, ob ich in Zukunft noch die Gelegenheit habe, überall dahin zu reisen, wohin ich es heute mache. Noch gebe ich heute alles einfach ohne Sinn und Verstand aus, arbeite dafür bis 67 in der wagen Hoffnung mir dann etwas „von der Rente“ leisten zu können.

Ich investiere einen großen Teil meines Einkommens, kaufe keine Markenklamotten oder sonstigen Luxus, sehr wohl aber solide Sachen, die mir etwas bringen. Auch leiste ich mir heute Erlebnisse in Form von Reisen, mache mir ein schönes Wochenende, genieße gutes Essen und gehe ins Cafe – den „Luxus“ genieße ich bewußt *Smiley lächeln*

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Schön zu sehen war auch, dass Bhutanesen beim Handeln regelmäßig über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nachdenken. Sie machen sich aufgrund des im buddhistischen Glauben angelegten Kreislaufs der Wiedergeburt häufig bewußt, welchen Einfluss ihr Handeln auf die Umwelt und andere Menschen hat: Man kann ja nie wissen, ob die streunende Katze vor dem Haus nicht die Reinkarnation eines verstorbenen Verwandten ist, den man sehr mochte. Auch besteht die Möglichkeit selbst noch einige Male wiedergeboren zu werden, wobei man dann gerne in einer intakten Umwelt leben möchte.

Entsprechend ist Bhutan wohl das einzige Land der Welt, das CO2-negativ lebt und heute in Summe und trotz schon sehr großem Waldbestand aktiv Aufforstung betreibt. *Smiley mögen*

Aus welchen Gründen auch immer, mich hat es beeindruckt, dass in einem Entwicklungsland so aktiv Umweltschutz bedacht und gelebt wird *Smiley lächeln* Diesbezüglich können sich einige andere Länder an Bhutan ein Vorbild nehmen!

Und konkret finde ich das für mich einen guten Anlass auch immer mal wieder das eigene Handeln zu reflektieren…und zum Beispiel nicht mal eben einen Kaffee irgendwo im Einmalbecher zu holen oder irgendwas in einer unnötigen Plastikverpackung in den Einkaufswagen zu legen *seufz*

Denke bei Entscheidungen häufiger mal darüber nach, welchen Einfluss diese auf Deine Umwelt haben!

Positive Lebenseinstellung

Ansteckend war die immer fassbare positive Lebenseinstellung der total verschiedenen Menschen, die wir in Bhutan getroffen haben.

Egal wo wir waren, auf dem Land oder in der Stadt – und wer unseren Reisestil kennt, weiß, dass wir möglichst „lokal“ unterwegs sind. Egal mit wem wir in Kontakt gekommen sind, die Verkäuferin auf dem Markt, die Hausherrin im Bauernhaus beim Abendessen zubereiten, der junge Gitarrist in einer Szenekneipe in der Hauptstadt, unser Fahrer und unser Guide der im Ausland studiert hat und dann zurück gegangen ist…

In knapp 2 Wochen haben wir keinen getroffen, der sich über seine Lage oder die Umstände im Land beklagt hat *Smiley mögen*

Dabei ist dort nicht alles super und man kann in Bhutan noch einiges verbessern. Schließlich ist es ein Entwicklungsland, dass sich erst in den 70er Jahren geöffnet hat. Was nicht okay ist, hat dabei auch keiner verschwiegen, es ist den Leuten bewußt und über diese Sachen wurde mit uns auch gefragt und ungefragt offen gesprochen: Langsamer Straßenausbau in extrem schwierigen Gelände, Jugendarbeitslosigkeit, politische Spannungen mit dem nördlichen Nachbarn, etc

Aber es wurde dann bei allen Themen immer (auch) das Positive gesehen und hervorgehoben, dass vieles schon deutlich besser ist, als früher!

Was ein erfrischender Unterschied zu Deutschland, wo so viele immer nur das Negative erwähnen und selbst bei positiven Dingen noch das Haar in der Suppe suchen…

Ich habe mir vorgenommen in Diskussionen noch mehr die positiven Dinge zu betonen und hervorzuheben *Smiley cool*

Wertschätzung

Wer schon einmal in Indien war, hat es sicher selbst erlebt: Viel Armut und teilweise Menschen, die um das bloße Überleben kämpfen. Gleichzeit viel Müll und Umweltverschmutzung überall. Bretterbuden und Wellblechhütten am Straßenrand die gleichzeitg Verkaufsraum und Wohnung sind.

Da sind Bhutan sowie die Bundesstaaten West-Bengal, Assam und Meghalaya im fernen Osten Indiens, welche wir auf dem Rückweg nach Deutschland noch für eine gute Woche erkundet haben, schon vergleichweise bessere Orte. Aber man kann und sollte nicht die Augen verschließen:

  • 200.000 Ngultrum, also etwa 2.400 Euro im Jahr werden in Bhutan als gutes Einkommen angesehen
  • Bildung ist in Indien ein Luxusgut, viele Kinder lernen nicht einmal grundlegende Kenntnisse, zum Beispiel in Englisch
  • Wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten in Bhutan sind sehr begrenzt und beschränken sich auf Tourismus und Energie aus Wasserkraft
  • Umweltverschmutzung bedroht die Lebensgrundlagen und viele „westliche“ Produkte verursachen große Mengen Plastikmüll für den es vor Ort keine geeignete Entsorgung gibt
  • Gesellschaftliche Probleme in Indien, wo immer noch zu viele Männer glauben, dass sie „mehr“ zählen, und zu viele versuchen noch etwas mehr zum eigenen Vorteil raus zu bekommen

Vor diesem Hintergrund sollten wir immer mal wieder wertschätzen, was wir in unserer Gesellschaft und mit unserem Sozial- und Gesundheitssystems erreicht haben und was uns dies für ein angenehmes Leben ermöglicht. Ich denke, da ist (trotz einiger Mängel hier und da) etwas mehr Wertschätzung angebracht!

Fazit

Als ich mir erste Gedanken zu diesem Beitrag gemacht habe, war ich besorgt, dass er trotz 3 Wochen Urlaub doch sehr kurz werden könnte… Nun habe ich aber doch deutlich länger gebraucht die ganzen Erlebnisse zu verarbeiten und kann aus Bhutan einige schöne Erkenntnisse ziehen:

  1. Vernachlässige nicht das Glück – denke positiv, sei auch einmal mit etwas Erreichtem zufrieden und freue Dich
  2. Finde Deinen Mittelweg zwischen Verzicht und Vergnügen
  3. Handele insgesamt nachhaltig(er) und schaue welchen Effekt Dein Handeln auf Umwelt und Mitmenschen hat
  4. Finde positive Dinge, rede über diese und hör auf zu jammern

Wir leben in einer der besten Zeiten und an einem der besten Orte. Und wir haben alle Möglichkeiten!

Darüber hinaus kann ich jedem nur empfehlen die Erfahrung selbst einmal zu machen und einen Urlaub in Bhutan zu machen: Nicht günstig, aber viele Erlebnisse und einmalige Eindrücke *Smiley lächeln*

Wie wäre es gleich hier mit einem Anfang? Was hast Du zuletzt positives erlebt? Schreib doch hier einen Kommentar

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